Privat

Montag, 1. Januar 2007

Fliegender Fisch

Jetzt, da 2006 sich dem Ende neigt, ich hier allein in meiner Wohnung sitze, bietet sich ein ein Rückblick auf dieses Jahr einmal an. Ich werde mit äußerst vermischten Gefühlen auf dieses Jahr zurückschauen, denn es war in gewissem Sinne ein Jahr der Extreme, das seine wirklich verdammt schönen Seiten hatte, aber diesen schönen Seiten stehen derartige Abgründe gegenüber, das sie selbst meine schlimmsten Albträume in den Schatten stellten.

Dabei fing es eigentlich ganz interessant an: in der obersten Etage des ersten Blocks von Halle Neustadt, am Fenster mit einem wirklich tollen Blick auf die Altstadt und auf das dort stattfindende Feuerwerk. Auch sonst war dieser Januar eigentlich nicht schlecht, ich schloß mein fünftes Semester ab, bekam meinen Schein für die Statistik der Mathematik, obwohl ich dort längst nur noch der Anwesenheit halber wegen drin saß, den verstehen konnte ich sie ohne stochastische Grundlagen natürlich nicht. Dann durfte ich auch mein zweites qualitatives Interview führen, dass dann auch gleich eine dreiviertel Stunde dauerte. An der Transkription saß ich ewig. Das Tutorium führte ich zu Ende und nicht zuletzt stand der Auswahlworkshop eines Begabtenförderungswerkes an, eine wirklich komische Veranstaltung, bei der ich mich, nachdem zehn Menschen 40 Minuten lang in einer Gruppendiskussion aufeinander gehetzt wurden, wirklich sehr unwohl fühlte und erst einmal einen Spaziergang durch die Berliner Mitte inklusive Besuch in der Marienkirche auf dem Alexanderplatz machen musste, bevor ich mein Einzelgespräch dann 18.30 Uhr als letzter an diesem Tag hatte. Wenigstens das war sehr entspannt und es machte mir wirklich Spaß und vielleicht war das auch ein Grund, warum es letztlich doch geklappt hat. Ebenso bestand ich tatsächlich den Französisch-UNIcertIII/1-Kurs, wenn auch nur mit 3,2, aber man muss bedenken, dass ich eigentlich bereits die Kurseinstufung verfehlte. Ohne diesen Kurs hätte ich wahrscheinlich im letzten Jahresdrittel ziemlich alt ausgesehen, denn mittlerweile bin ich auch mehr als 4 Jahre aus der Schule raus. Was heißt, dass nächstes Jahr eigentlich das erste Klassentreffen fällig sein würde. Allzu viel Lust darauf habe ich jedoch nicht.

In den Semesterferien führte ich noch einmal ein Interview, diesmal zum Lehrforschungsprojekt, erneut war es das längste, es dauerte ca. 75 Minuten. Die Transkription hat noch mehr Spaß gemacht und wurde erst im Mai durchgeführt. Ansonsten habe ich meine längste Hausarbeit geschrieben, sie hat zwar „nur“ zwanzig Seiten aber an denen habe ich mehr als sechs Wochen gesessen. Im April fand dann der Einführungsworkshop der Böll-Stiftung statt, drei sehr schöne Tage und ich fühlte mich teilweise wieder in die Zeit der Deutschen SchülerAkademie zurück versetzt, die ich im Jahre 2000 besuchen durfte. Ebenso in diese Zeit fiel die Bewerbung um den Erasmus-Restplatz und dass dieses Auslandssemester tatsächlich klappen würde, das wollte ich noch bis in den Juni hinein nicht ganz glauben. Jedenfalls lag in dieser Restplatzbörse der Grund, warum ich jetzt ein Semester in Frankreich verbringe und dann auch noch in Metz. Inhaltlich war das Sommersemester ziemlich mau. Zum Lehrforschungsprojekt ging man auch nur, um einen guten Eindruck zu hinterlassen, denn Sinnvolles wurde dort nicht besprochen. Ein Seminar zu Esping-Andersen und seiner Typologie von Wohlfahrtsstaaten war zwar manchmal (aber in der Regel sehr selten) interessant, ernst wurde es jedoch von keinem genommen. Die Hausarbeit, die ich hierfür schreiben durfte, würde ich selbst als die schlechteste (oder wenigstens als die anspruchsloseste) einschätzen, die ich je geschrieben habe. Dass ich dennoch eine 1,0 darauf bekam, passt dann doch ins Seminarbild. Ferner belegte ich in der allgemeinen Soziologie eine Lehrveranstaltung mit dem Problem des Verhältnisses von Wirtschaft und Gesellschaft. Komisch daran war erstens, dass der Dozent immer wieder Parsons (brrh!) ins Spiel brachte und zweitens, dass eigentlich weniger das Verhältnis von Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet wurde als die Rational Choice Theorie (oder anders gesagt: der Methodologische Individualismus), der dann alle möglichen anderen Ansätze beziehungsweise gesellschaftlichen Aspekte gegenüber gestellt wurden. Nun gut, wenigstens habe ich so einmal Webers Protestantische Ethik gelesen. In der Mathematik belegte ich Kurse zur Geschichte des Faches (und war ziemlich überrascht, als der Dozent in der drittletzten Woche bekannt gibt, dass er eine Hausarbeit erwartet...) und zur Logik. Das war's in diesem Fach, das einzige was jetzt noch folgt, das sind die Prüfungen. Die Philosophie begnügte sich mit zwei Sitzveranstaltungen. Macht alles in allem vier Hausarbeiten, und die waren bis zum August einzureichen. Zwei waren glücklicherweise relativ anspruchslos, die dritte war der Abschluss zum Lehrforschungsprojekt und auch nicht allzu aufwendig, blieb also noch eine „echte“. Und die habe ich tatsächlich fertig gestellt und zwar in der letzten Augustwoche. Und danach ging es nach Frankreich, wo ich jetzt schon fast rückblickend sagen muss, dass es eine verdammt tolle Zeit bislang gewesen ist, auch wenn sie natürlich auch ihre Schattenseiten hatte. Denn einen tatsächlich engen Kontakt zu Franzosen konnte man kaum aufbauen. Aber ich habe unter den anderen Erasmus-Studierenden tolle Menschen kennen lernen dürfen.

Aber die irrste Zeit war die Zeit von Ende Mai bis zur Abreise. Am Vormittag des 27. Mais (ein Sonnabend) fuhr ich mit der Bahn von Potsdam nach Schönefeld, wo mich meine Schwester und ihr Freund mich mit nach Hause nehmen, da mein Auto immer böse Aussetzer hatte. Ihr ging es nicht so gut, und am Nachmittag feierten wir den Geburtstag meines Großvaters nach. Sie legte sich ins Nebenzimmer auf die Couch und ich arbeitete dort fleißig für die Universität. Element of Crime fand sie nicht ganz so toll. Sie sind dann auch etwas früher nach Hause gefahren. Keiner ahnte, dass dies das letzte Mal war, dass wir sie als den Menschen trafen, den wir nunmehr seit über 25 Jahren kannten. Am Sonntag bin ich dann zurück gefahren, aber wegen des Sturmes fiel der erste Zug aus und meine Eltern mussten mich noch weiter nach Jüterbog bringen, wo ich dann weiter bis zur TSFKALB ("the station formerly known as Lehrter Bahnhof") fuhr (der erste reguläre Tag in diesem Bahnhof). Am Dienstag Abend kurz vor zwanzig Uhr erhalte ich einen Anruf, an den ich mich etwas ungewöhnlich meldete. Meine Mutter informierte mich, dass ich zu meiner Schwester schnell nach Ahrensfelde zu meiner Schwester fahren sollte. Diese war seit Montag allein, ihr Freund war auf Montage. Meine Mutter war besorgt, schließlich hatte meine Schwester sie zunächst angerufen und wirr unter anderem gefragt wo sie selbst arbeitete. Bei einem Rückruf eine halbe Stunde später konnte sie sich dann aber nicht mehr daran erinnern. Der Auslöser für meine erste Autofahrt durch Berlin. Als ich dann eine gute Stunde später bei Ihr war, war sie ansprechbar, sie hatte sich übergeben und viel Durst. Aber man merkte durchaus, dass sie nicht ganz bei Sinnen war. Meine Eltern trafen dann auch ein, wir riefen den Notarzt. Die erste Vermutung war eine Unverträglichkeit mit Antibiotika. Meine Schwester wurde ins Unfallkrankenhaus eingeliefert und ich fuhr erst einmal nach Hause. Am nächsten Tag kam die Nachricht: schweres Hirnbluten und auch noch weit fortgeschrittene Leukämie. Es begannen Wochen des Auf und Ab. Eine erste Operation, dann eine erste Chemotherapie. Sie kam wieder zu Bewusstsein und ich durfte ihr noch einmal Joghurt zum Essen geben. Aber danach ging es (es war höchste WM-Zeit) wieder bergab.

Aber auch diese Zeit war extrem widersprüchlich. Bislang ohne Beziehung ist in mir längst zur Gewissheit geworden, dass die auf Liebe basierende Beziehung ein soziales Phantom ist, dem alle hinterher rennen, dass aber unter anderem ein Grund für die wachsenden Scheidungsraten ist. Die logische Konsequenz hieß für mich, dass ich mir jemanden suchen sollte, mit dem ich einigermaßen gut kann, der mich so weit versteht und der meiner Lebenswelt nahe steht. Und den habe ich dann am 13. Juni einfach mal gefragt, ob er nicht Interesse an einer Beziehung hätte. Die Antwort war Nein. Seelische Stütze in der schweren Zeit (schwer wegen meiner Schwester, nicht der Absage wegen) war mir ein anderer Freund, bei dem ich aber immer deutlicher spürte, dass er nun seinerseits mehr von mir wollte. Blöde Situation. Und dann war zu dieser Zeit auch der transgeniale CSD (24. Juni), dem ich, weil ich eben noch Hoffnung um Schwester haben durfte, zumindest abschnittsweise beiwohnen durfte. Und der war mit den gemeinsamen Berlin-Brandenburger Uni-Wagen einfach ganz toll gewesen. Deswegen gab es am Freitag danach das QueerUP-Dankeschön-Grillen und es grenzt an Realsatire, dass ich mir doch tatsächlich das passiert, was ich vorher in das Reich der Legenden abgeschoben habe, ich fing an, mich Hals über Kopf zu verlieben, ironischerweise in einen Menschen mit meinem Vornamen. Erste Zeichen geben durchaus Anlass zu Hoffnung, aber die Zeit ist einfach schwierig. Und mein "Tröster" ist da auch noch.

Meine Schwester wurde in dieser Zeit mehrmals operiert, es gab zunächst Komplikationen, aber doch auch Hoffnungsnachrichten, bis diese am 12. Juli endgültig versiegten und das Schlimmste gewiss wurde. Am Donnerstag, den 13. Juli sah ich sie das letzte Mal und es hieß, Adieu zu sagen. In den nächsten Tagen trat der Hirntod ein, und in den ersten Stunden des 17. Juli ist dann auch die letzte Kraft aus ihrem Körper gewichen. Zusätzlich wurde in dieser Zeit auch meine Großmutter mütterlicherseits wegen der großen Hitze und damit verbundener Schwäche ins Krankenhaus eingeliefert. Und meine "Liebe" flog zunächst für drei Wochen nach Israel. Ein Abschiedsgeschenk ging etwas in die Hose. Meine Großmutter verließ am 27. Juli diese Welt, Gott sei Dank nicht am 28., den Tag der Beerdigung meiner Schwester, genau vier Jahre nach meiner Taufe und am 24. Geburtstag eines meiner besten Freunde.

In diesem Zeitraum nahmen dann auch die Vorbereitungen für das Auslandssemester immer konkretere Gestalt an, auch wenn ich erst gut anderthalb Wochen vor meiner Abreise dann meine endgültige Unterkunftsbestätigung erhielt. Zwischendurch gab es auch noch ein weiteres Treffen mit S., ich erhielt zwei ISICs, die ich aber nicht wirklich brauchte. Jedenfalls wollte ich vor meiner Abreise auch Klarheit in Beziehungsdingen und habe einmal mehr direkt in einem Brief gefragt. Der Apfelsaftspaziergang auf dem "Spar-Deinen-Wein-nicht-auf-für-Morgen-Grillen" (mein Abschiedsgrillen, am 24. August) brachte mir dann leider eine Absage ein. Später, als ich mich für das Bundeshochschulreferatetreffen anmelden wollte, erfuhr ich, dass er in einer Beziehung mit einem anderen Freund lebt. Diese Anmeldung ist übrigens wegen einer Klausur geplatzt.
Und danach begann das Abenteuer Frankreich. Darüber wird hier jetzt nicht geschrieben, das kommt, wenn der Aufenthalt beendet ist. Toll waren jedoch die Überaschungsbesuche Ende Oktober / Anfang November. Auch ins Auge stach noch der 11. November, der Geburtstag meiner Schwester, an dem ich nur soweit trauern konnte, dass ich Blumen die Seille hinabtreiben lassen konnte. Und erst zu Weihnachten schaffte ich es, einen Fehler vom Jahresanfang zu entschuldigen, als ich mir eine Freundin von ihrer Schwangerschaft erzählte, was mich völlig aus der Bahn warf, weil ich eigentlich an jenem Abend ein Coming Out vorhatte. Und der Treppenwitz des Jahres ist, dass jetzt der Freund, den ich zuerst um eine Beziehung fragte, mit dem Mann zusammen ist, der mich tröstend durch Juni und Juli begleitete.

Das war's also. Ob 2007 schöner werden kann, glaube ich kaum, schrecklicher aber hoffentlich auch nicht. Nun dann, good bye deux mille six, bienvenue deux mille sept.

Donnerstag, 14. Dezember 2006

Verwegen

Selten so gewagte Postkarten versendet, wie diejenigen, die heute raussollen. Aber auf die Reaktion bin ich schon gespannt.

Mittwoch, 1. November 2006

Begegnungen

Warum trifft man ausgerechnet dann Leute, die relativ langsam recht wirres Zeug erzählen, wenn man dafür keine Zeit hat. Komisch.

Samstag, 2. September 2006

Abschied

Morgen geht es dann los. Und heute hieß es unter anderem von meinen Großeltern väterlicherseits und meinem Großvater mütterlicherseits (hoffentlich vorläufig und vorübergehend) Abschied nehmen. Wobei bei einem bald 92-jährigen die bald vier Monat bis zum Weihnachtsfest schon eine lange Zeit darstellt. Gut möglich, dass dies heute ein Abschied für immer sein könnte.

Für alle anderen gilt: Für Anrufe oder E-Mails, die morgen nicht bis 15 Uhr eingetroffen sind, kann keine Wahrnehmungsgarantie mehr abgegeben werden.

Donnerstag, 24. August 2006

Grillen

Wach wurde sie, die Hoffnung, am Grill des Dankeschöns.
Und beim nicht gesparten Wein, da ging sie auf einem Apfelsaftspaziergang dahin.
Und ich blieb allein nicht nur allein: die Leere wuchs und ein Teil dessen, was mir in den letzten Wochen hat helfen können, das ist weg. Aber klar ist nunmehr eins: Die Volumenintegration scheint doch 32 zu ergeben...

Dumm gelaufen

Schon blöd, wenn man eine seiner EC-Karten sperren lässt, nur um sie dann einen Tag später auf dem Tisch unter einem Platzdeckchen zu finden. Oder sollte man sich jetzt freuen, dass man sie wiedergefunden hat?

Mittwoch, 23. August 2006

Wieder was gelernt

Ich habe eine Freundin, die hatte einmal (2002, vielleicht auch noch später) eine hotmail-Adresse. Diese Adressen kann man ja auch für den MSN-Messenger benutzen. Deshalb stand sie auch bei mir im Jabber-Roster. Und ich stand anscheinend auch auf der Kontaktliste gegenüber. Diese andere Seite hat mich heute einmal angeschrieben, wer ich denn wäre. Und so stellte sich heraus, dass diese Adresse neu vergeben wurde, die Kontaktliste im Messenger aber immer noch die alte geblieben war.

Wieder was dazugelernt.

Mensa-Essen

Zumindest aus dem Mensa-Essen wurde nichts, weil jene Mensa geschlossen war. Praktischer Vorteil: mein Gefrierschrank konnte dadurch fast vollständig geleert werden, jetzt befindet sich dort nur noch selbstgeerntete Balkon-Petersilie. Und die Hoffnung besteht nach wie vor.

Sonntag, 20. August 2006

Verwählt

Da ist man so in Gedanken, während man eine Mobilfunknummer auf der Telefontastatur anwählt und landet auf einmal ganz wo anders. Aber gut, der andere am Apparat ist auch ein guter Freund und so konnte man ihm auch, wo man ihn schon einmal angerufen hat, auch gleich noch eine Zugverbindung raussuchen...

Dienstag

Es besteht Hoffnung. Auf Dienstag. Auf ein nettes Mensa-Essen. Aber auf mehr?
Zumindest besteht Hoffnung.

Der Weg nach vorn

Und der Mond geht auf und ab.

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