Politik

Dienstag, 15. April 2008

Früchte?

"Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig sind sie reißende Wölfe. An ihren Früchten sollt ihr sie erkenen. Kann man denn Trauben lesen von Dornen oder Feigen von den Disteln? So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt schlechte Früchte." (Mt 7, 15-17).

Sollte mich in den nächsten zwei Jahren spezialdemokratische WahlwerberIn ansprechen, so wird mit einiger Sicherheit dieses Zitat von mir losgelassen werden.

Sehen wir uns doch einmal die Bilanz an:
  • Mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer wurde die Kaufkraft insbesondere der unteren Einkommensgruppen weiter geschwächt.
  • Bei der Rentenpolitik wird das Zerstörungswerk bei der Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 fortgesetzt.
  • Frau Zypries treibt in der EU die Vorratsdatenspeicherung voran und am Ende will sie dann einfach nur noch höhere Beschlüsse umsetzen müssen.
  • Über Elite-Hochschulen und die EU-Verfassung will ich hier lieber nicht reden.
  • erst gibt man bei der Online-Durchsuchung dem Drängen der Union nach, jetzt ist der Auskunftsanspruch bei Providern dran.
  • Der Gesundheitsfond gehörte eigentlich ins Kabarett und nicht in erlassene Gesetze.
  • In der Föderalismusreform sorgt man unter anderem dafür, dass die Bildungskleinstaaterei noch verschärft und im Hochschulbereich erst richtig eingeführt wird. Von solchen Absurditäten wie einer Abweichungsgesetzgebung will ich hier gar nicht erst schreiben.
  • Beim Elterngeld werden bewusst soziale Schieflagen eingeführt.
  • Die Umweltpolitik besteht nach wie vor eher aus Sontagsreden denn aus Alltagshandlungen. Dafür sorgt schon die Bezugnahme auf das Jahr 1990 als Bemessungsgrundlage.
  • und jetzt die Bahnprivatisierung. Eine politische Bankrotterklärung für eine "linke Volkspartei" (Selbstbeschreibung im neuen Hamburger Programm). Es gibt keinen sinnvollen Grund für diesen Schritt, wertvolles Volksvermögen für nichts und wieder nichts zu verhökern. Und das Schlimme ist, dass es gerade die "Linken" in der SPD diejenigen waren, die das Projekt mit ihren strategischen Fehlern (?) am Leben erhielten und zum jetzigen Schwachsinn geführt haben. Sie gaben zunächst mit der Versteifung auf ein Volksaktien-Modell ein vollständiges Nein auf und auch jetzt bieten sie sich Steinmeier, Tiefensee und Steinbrück als Steigbügelhalter an, dabei hätten gerade bei diesem Projekt sehr gute Möglichkeiten bestanden, es komplett zu kippen. Die Beschränkung auf 24,9% ist reine Makulatur, so schreibt die gewiss nicht privatisierungsfeindliche Süddeutsche: Verhindert eine Privatisierung von lediglich 24,9 Prozent, dass Aktionäre Einfluss auf die Bahn nehmen?

    Nach Meinung fast aller Kapitalmarktexperten: nein. Wieviel Prozent eines Unternehmens an die Börse gehen, ist nicht entscheidend - sondern Aktionäre nehmen grundsätzlich Einfluss, egal, wie viele Aktien sie insgesamt besitzen. Wenn Teile eines Unternehmens an der Börse gehandelt werden, dann wird es nach den Spielregeln des Kapitalmarktes geführt, dann wird jede Unternehmensleitung versuchen, den Kurswert der Aktie und damit den Marktwert des Unternehmens zu maximieren. Das vor allem von Umweltschützern getragene Bündnis "Bahn für alle" hat durchaus Recht, wenn es sagt, der Vorstand der teilprivatisierten AG stehe eigentlich nur vor einer Wahl: entweder "ohne Rücksicht auf die Mitarbeiter und Kunden" alles für höhere Gewinne zu tun - oder zu riskieren, dass die privaten Investoren einen "Nachteilsausgleich" fordern werden. Dazu hätten sie die Möglichkeit, falls die mehrheitlich bundeseigene AG nicht nur nach unternehmerischen Kriterien geführt würde, sondern weiterhin Daseinsvorsorge ausübe und zum Beispiel Strecken betriebe, die sich nicht rechnen.
    Und auf tagesschau.de heißt es:tagesschau.de: Was bedeutet Becks Vorschlag für die Modernisierungspläne der Bahn?

    Mitusch: Das Argument, dass Geld für die Bahn hereinkommt, halte ich für nicht so wichtig. Das Geld spielt nicht die Rolle, das sind vielleicht zwei bis drei Milliarden Euro einmalig. Aber die Bahn ist dann doch stärker als ein privatwirtschaftlich operierendes Unternehmen ausgewiesen. Das Management, das in diese Richtung denkt, wird gestärkt. Einige strategische Überlegungen im Logistik-Bereich können dann auch besser verfolgt werden.
    Im Klartext: um die Einnahmen geht es nicht, da werden andere Interessen verfolgt. Dazu passt auch folgender Abschnitt aus der oben bereits verlinkten Nachdenkseite: Das Hauptargument der Privatisierungsbefürworter war stets, die Bahn brauche „frisches Geld“, um investieren zu können. Der Hauptbetreiber eines Börsengangs, Hartmut Mehdorn, erklärte, er könne „auf dieser Grundlage (!) gut arbeiten“. Er erwartet von der Veräußerung der Anteile im Fahrbetrieb angeblich 5 Milliarden. In der Erklärung von Kurt Beck hieß es: „Für das zusätzliche Kapital gelte eine Zwei-Drittel-Regelung. Je ein Drittel fließe in den Bundeshaushalt und in das Grundkapital der Bahn. Mit dem letzten Drittel sollen qualitative Vorgaben wie Lärmvermeidung, Streckenausbau oder Energieeffizienz finanziert werden.“
    Wegen gut eineinhalb Milliarden „frischem Geld“ für Investitionen dieses ganze Theater?
    Arme Deutsche Bahn, hier meint die SPD-Rechte, sich wirtschaftspolitisch hervortun zu müssen. Wohlgemerkt, es geht ihnen und den Befürwortern allein um Wirtschaftspolitik. An echte Verkehrs-, Umwelt- und Sozialpolitik (Daseinsfürsorge!!) ist bei diesen Kreisen nicht im Traum zu denken. Stattdessen lässt man Mehdorn sein zerstörerisches Werk machen, und dass im Aufsichtsrat der Bahn die Privatwirtschaft schon längst Platz genommen hat, kümmert so recht auch niemandem. Dabei gibt es gute alternative Konzepte (oder auch an dieser oder jener Stelle).
Es ist einfach nur noch zum Kotzen. Versprechen dieser Partei sind wohl nichts anderes mehr als Versprecher.

Im Übrigen arbeite ich gerade über diverse Aufsätze um Prekarität und Ausgrenzung, die längst in Mittelschichten Einzug gehalten haben. Wenn es um die politischen Eliten geht, so stellt Michael Vester (Der Kampf um soziale Gerechtigkeit in Bude, H. (Hrsg.), Willisch, A. (Hrsg.): Das Problem der Exklusion, S. 289ff.) fest:
Die Lagergrößen der Bevölkerung haben sich, wie zu erwarten, nicht in der Zsammensetzung der Bundesregierung abgebildet. Hier sind die linken beziehungsweise arbeitnehmerischen Flügel der Volksparteien unterrepräsentiert. Stattdessen haben sich die Führungsgruppen der Volksparteien mit iherer Vorliebe für scheinbar richtungsneutrale Technokraten einerseits und die konservativeren Parteiflügel andererseits überproportional durchgesetzt...

Stephan Lessenich und Frank Nullmeier verweisen in ihrer Einleitung (S. 24f.) zum Sammelband "Deutschland. Eine gespaltene Gesellschaft" von einer "Postdemokratie", in der der Bürger zwar den bourgeoisen Habitus, aber nicht die Allüren des Citoyen mehr hat:
»Postdemokratie« (Crouch 2004) soll jene Entwicklung moderner Demokratien heißen, bei der die Kerninstitutionen [...] weiterhin funktionieren, eine Gestaltung der Politik durch die Bevölkerung, ihre substantielle Mitwirkung, jedoch weitgehend ausgeschlossen ist. [...] Demokratie wird zur Postdemokratie, wenn die Politik zum Nachvollzug von Reformnotwendigkeiten regrdiert wird, die Bevölkerung nicht mehr als Auftraggeberin der Politik verstanden wird und die Handlungschancen aller Beteilitgten so weit reduziert sind, dass demokratische Gestaltung nicht mehr möglich - und auch nicht mehr gefragt - ist. [...] Die Postdemokratien übereignen die Gestaltungsmacht an nicht-demokratisch legitimierte Akteure und bemühen sich umd die ,Erziehung' der Bevölkerung zur Akzeptanz dieser neuen Machthaber. Damit werden aber gerade jene Motivlagen und Energien bekämpft oder entmutigt, die zur Reproduktion eines demokratischen Gemeinwesens erforderlich sind. [...] Die politischen Mittelschichten, jene als Laien beteiligten Menschen, die aus Politik keinen Beruf gemacht haben, aber in Parteien und auf kommunaler Ebene, in Verbänden und Vereinen die politisch tief gestaffelte Infrastruktur der Demokratie ausmachten, durchlaufen in diesem Kontext einen Entwertungsprozess. Ihre Mitwirkung wird den politischen Eliten immer unwichtiger beziehungsweise immer weniger wünschenswert.

Und das Schlimme ist, dass einfach keine akzeptable Alternative da ist. Es ist nicht so, dass ich programmatisch mit der gewandelten PDS überhaupt nicht könnte, aber mich stört einfach ihre Vergangenheit und diverse nationalistische Ausflüge. Noch nicht mal meiner eigenen Partei kann man mehr trauen, so wie sie sich teilweise an die Union ranschmeißt. Und was bleibt zurück? Verbitterung und Resignation. Und das im Kern der Gesellschaft.

Sonntag, 16. September 2007

Verstehen

Mit der Entscheidung seien auch "grüne Jamaika-Illusionen" einer Regierungszusammenarbeit mit Union und FDP "in unendliche Ferne" gerückt, sagte Ramsauer.
Die Parteispitze muss vor der Basis kapitulieren.

Die Meldungen des heutigen Tages zeigen einmal mehr, dass Union und FDP eher eigenen Wunschträumen anhängen als ein echtes Verständnis für grünes Denken entwickelt zu haben. Sie haben dieses Milieu und diese Partei einfach nicht begriffen.

Aber wie lernte ich es zu Beginn des Jahres auf einem Seminar der Böll-Stiftung? Damals meinte Viola Neu von der Konrad-Adenauer-Stiftung, dass Parteien nicht für Diskussionen sondern zum Gewinnen von Wahlen da wären.

Mittwoch, 5. September 2007

Flash Mob gegen Bahnprivatisierung

Da findet schon einmal ein Flash Mob für die Verhinderung einer ganz großen Sauerei statt und ich kann nicht teilnehmen.

Aber für alle anderen: http://flashmob5vor12.twoday.net/

Montag, 3. September 2007

Bahn-Kram -- mal politisch

Wäre toll, wenn die Lesenden sich mal mit ihren SPD-MdB wegen der Bahnprivatisierung in Kontakt setzen.
Konkreter geht es darum:

Dringende Bitte an unsere Leser: Fordern Sie Ihre SPD-Abgeordneten zur fraktionsinternen namentlichen Abstimmung über die Bahnprivatisierung auf.

Nachtrag zur Bahnprivatisierung - unser Vorschlag für eine namentliche Abstimmung

Der Grund dafür? Weil es nationale Güter gibt, die man einfach nicht verkauft!

Mittwoch, 16. August 2006

Jamaika-Koalitionen

Die andauernde Debatte darum nervt. Es ist doch ganz offensichtlich: Die einzig wirklich interessierten sind Leute aus der CDU und der FDP. Bei den Grünen sind es vereinzelte Hanseln beziehungsweise strategische Äußerungen.

Aber eins ist klar: gehen die Grünen (abgesehen vom Baden-Württemberg-LV) darauf ein, gehen sie darauf ein. Zumindest in Berlin. Und fünf Prozent wollen auch erst einmal geschafft werden.

Der Weg nach vorn

Und der Mond geht auf und ab.

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